Abenteuer in den Abruzzen

Was macht man, wenn man eine Tour in den Schweizer Alpen seit Monaten penibel plant (Danke Martin !), die Wetterkarten aber, je näher der Tourstart rückt, immer schlechter werden ? Wenn instabiles Wetter mit schweren Unwettern vorhergesagt werden und man sich über 3000 m bewegen will ? Man improvisiert und sucht sich spontan ein neues Ziel, erst auf der Autobahn entscheiden wir uns für die Abruzzen in der Mitte Italiens.

Auf der Hinfahrt (immerhin knapp 1000 km) beginnen wir zu recherchieren und entscheiden uns für Assergi als Startort am Gran Sasso, dem mit knapp 3000 m höchsten Berg in den Abruzzen.

Schon der Anblick des Gran Sasso und die erste Tour an seinem Fuße bestärkt uns in unserer Entscheidung: Die Abruzzen sind ein wunderbarer Ort zum Mountainbiken und Natur genießen. Eine wilde Landschaft empfängt uns, traumhaftes Wetter, wenn auch die Temperaturen dem Breitengrad entsprechend (auf der Höhe Roms) selbst auf über 2000 m ungewohnt hoch sind.

Am zweiten Tag radeln wir hinauf zum Rifugio Campo Imperatore (interessant: hier wurde 1943  Diktator Benito Mussolini von den Deutschen aus der Gefangenschaft befreit) , lassen es links liegen und kämpfen uns auf wilden schottrigen Abruzzenpfaden hinunter auf die Nordseite, um vom Tal aus wieder auf die andere Seite hinaufzustapfen. Den Weg finden wir ausschließlich GPS basiert, zu finden ist er nicht mehr. Die Umrundung brechen wir ab und fahren noch ab nach Prati di Tivo.

Am folgenden Tag besteigen wir gemeinsam (nur Martin nimmt sein Bike mit auf den Gipfel) über das wunderbare Rifugio Carlo Franchetti (und einige seilversicherte Stellen) den höchsten Gipfel des Gran Sasso Nationalparks, den Corno Grande mit 2912m.

Sehr mühsamer Aufstieg

Auch die Abfahrt vom Gran Sasso Massiv sieht leichter aus, als es Herbert hier glauben macht ;-)

Zum Übernachten gibt es definitiv schlechtere Plätze als das idyllische Hütterl Rifugio Duca Degli Abruzzi mit den supergastfreundlichen Wirtsleuten Carlotta und Luigi.

Nächtlicher Ausblick von der Hütte bei Vollmond.

Die Weiterfahrt in den Sibillini Nationalpark wird aber dann zum Spießroutenlauf. Das Erdbeben 2016 hat riesen Schäden angerichtet, die meisten Strassen sind durch das Militär bewacht gesperrt. Wir erreichen das leider vollkommen zerstörte Bergdorf Castelluccio auf 1400 m nach vielen Stunden Irrfahrt. zum Glück gibt es vor Ort eine heil gebliebene Pension, die uns ausgesprochen gastfreundlich aufnimmt.

Vollkommen zerstörtes Castelluccio. Am linken Rand (rotes Haus) befindet sich unsere weitgehend heilgebliebene Pension.

Nach dem Schock begeben wir uns in die Castelluccio umgebende Bergwelt, die das Erdbeben zwar wesentlich besser überstanden hat, Risse und Felsabbrüche zeugen aber von dem gewaltigen Erschütterungen.

Traumhafte Abfahrt von der 2450 m hohen Cima del Redentore.

Nach der wunderbar flowigen Abfahrt begeben wir uns ins nächste Tal hinunter nach Foce. Die Wege haben leider sehr unter den zahlreichen Felsstürzen, verursacht durch das Erdbeben gelitten. Verständlich, das die Einwohner andere Sorgen haben, als Wanderwege in Stand zu setzen.

Idyllische Landschaft rund um die Abruzzen.

Die hier beginnende Schlucht verspricht anfangs eine einfache Auffahrt auf einer leicht ansteigenden später steiler werdenden Forststraße. In der Schlucht ändert sich das Bild schnell: Meterhohe Felsstürze und sich stauende Bergbäche müssen überwunden werden. Damit nicht genug haben gewaltige Lawinen im Winter hunderte Bäume über unseren Weg gespült. Ein durchkommen samt Bike entpuppt sich als Schwerstarbeit.

Eine traumhafte Abfahrt zurück nach Castelluccio entschädigt für die Mühen.

Nach einer Woche kehren wir von den Abruzzen wieder heim. Mit einem lachenden Auge: Wunderbare Landschaften, gastfreundliche Menschen, unvergessliche Erlebnisse. Und einem weinenden Auge: Der Wiederaufbau nach den gewaltigen Erdbeben läuft schleppend bis gar nicht, tausende Menschen sind weggezogen, nachdem die Geologen weitere schwere Beben nicht ausschließen können.

Wir glauben, dass man den Menschen dort helfen kann, indem man die Gegend als Tourist besucht und sein Geld dort ausgibt. Man wird mit herzlicher Gastfreundschaft und eindrucksvollen Landschaften belohnt.